Wohl niemand im Auditorium unserer Schule hätte erwartet, dass der Hamburger Politologe und ausgewiesene Sachkenner der RAF sowie der Studentenbewegung zu Beginn seines Vortrages auf die Kult-Komödie des Jahres 1968 „Zur Sache, Schätzchen" zu sprechen käme. Er tat es dann aber doch, und zwar, um aufzuzeigen, wie dieser an sich harmlose Kino-Klamauk mit einem Tabu brach, nämlich dem, dass sein Protagonist Martin, gespielt von Werner Enke, pausenlos mit einer Spielzeugwaffe herumhantierte und diese für allerlei vordergründig harmlose Alltagssituationen benutzte. Von dort schlug Kraushaar den Bogen zu den letztlich sich in die Mythologie der Militanz flüchtenden RAF-Leute, die aus einer Mischung von ungebändigtem Narzissmus und unbegrenztem Regelverstoß das vorläufige Ende der 68er-Bewegung zu Beginn der 70er Jahre darstellten. Auch hier wurde wieder ein Film-Vergleich zu Rate gezogen, denn nicht zuletzt die männlichen Protagonisten der nur noch und allein Sich-selbst-Inszenierenden sahen mit Vorliebe den Italo-Western, nur dass sie sich in der Realität bewegten und ihre Gewalt Unschuldige traf.

Der gut 70-minütige Vortrag war ein Lehrbeispiel für eine gut verständliche, detailreiche, mit vielen eingängigen Beispielen gespickte Geschichtsstunde auf - auch sprachlich - höchstem Niveau und hätte durchaus mehr als die anwesenden 89 Zuhörer verdient gehabt.

Wolfgang van Randenborgh