Was lange währt, wird endlich gut, und zumindest von Letzterem konnten sich die gut 180 Besucher beim 70. MOLTKE-FORUM am Mittwochabend, dem 24.4.2013, beim Vortrag des FAZ-Mitherausgebers, Dr. Frank Schirrmacher, mit dem Titel „Chancen und Risiken einer digital vernetzten Lebenswelt“ eindrucksvoll überzeugen. Fast genau ein Jahr nach dem Termin, an dem der Vortrag zunächst hatte stattfinden sollen, hielt Schirrmacher eine mit Informationen nur so gespickte Rede, die aufs Erste Angst und Bange machen konnte. Er wies unter anderem nach, wie unterdes Bücher, lesbar per E-book-Reader, verändert würden, damit sie eher nach dem Geschmack des Publikums seien und sich so besser verkauften. Er zeigte auf, wie die Digitalisierung – er nannte die damit arbeitenden Mächte, Google, Amazon etc., die „Systeme“ – das Profil eines Menschen so durchleuchte, dass dieser auf 20 bis 30 Jahre im Vorhinein besonders auf sein Kaufverhalten hin berechenbar sei/werde. Er erläuterte, dass die Schnelligkeit, mit der diese Systeme arbeiteten, den Menschen entautonomisiere, da dieser keine Macht mehr über die Welt der Computer besitze; hier sehe er vor allem auf der Ebene der Börsen ein ungeahntes Gefahrenpotential, Stichwort: Hochfrequenzhandel. Das Ziel sämtlicher digitaler Informationen sei der “homo oeconomicus“, d.h., der Mensch werde total auf seine ökonomischen Bedürfnisse hin “untersucht“, um ihn anschließend wirtschaftlich “auszunehmen“, da er, wenn er sich dem Prozess nicht entgegenstelle, das Produkt, das für ihn wie geschaffen sei, glaube unbedingt kaufen zu müssen! Wenn es eine Möglichkeit gebe, sich dieser plebiszitären Diktatur (I like it / I like it not) zu widersetzen, dann könne dies nur über die Wiederbelebung des „gesunden Menschenverstandes´“ geschehen, der sich mittels Intuition und Kontemplation ein genügendes Abwehrpolster gegen das Hereinziehen durch die digitalen Systeme aufbaue. Es komme entscheidend darauf an, dass der Konsument „Nein“ sage, unberechenbar bleibe und sich der „Ökonomie des Geistes“ widersetze; allein dies sei eine Zukunftsperspektive, so Schirrmacher mit seinem “versöhnlichen“ Ratschlag am Ende seiner Ausführungen. So endete ein spannender, aber letztlich auch bedrückender Vortrag, und die Gäste dankten dem Gast mit herzlichem und lang anhaltendem Applaus.

Wolfgang van Randenborgh