Die Krefelder Polizei hat an Eltern appelliert, bei diffusen Amok-Drohungen, die die Polizei als harmlos einstuft, besonnen zu reagieren und nicht in Panik zu verfallen. "Wir haben bestimmte Kriterien, nach denen wir die Amok-Ankündigungen bewerten. Die Krefelder Eltern sollten darauf vertrauen, dass unsere Experten die Situation richtig einschätzen", sagte gestern Polizeisprecher Wolfgang Lindner unserer Zeitung.
Hintergrund: Es hatte eine solche von der Polizei mehrfach als harmlos eingestufte Warnung für das Gymnasium Fabritianum in Uerdingen gegeben. Ein Schüler hatte am vergangenen Montag auf einem Tisch in der Schule die Worte "Amoklauf 1904" entdeckt und gemeldet. Die Polizei schätzte die Lage als "harmlos" ein; Direktor Horst Obdenbusch informierte die Schulgemeinschaft am Freitag auf der Internetseite der Schule. Die Polizei zeigte sich gestern von diesem Vorgehen des Schulleiters überrascht. "Das konterkariert die Bemühungen, die im Vorfeld gemacht worden sind."
Nach Informationen unserer Zeitung waren viele Eltern des Fabritianum trotz der Einschätzung der Polizei in höchstem Maße beunruhigt, so dass Obdenbusch sich offenbar genötigt sah, zu dem Vorgang offiziell Stellung zu nehmen, der sich im Laufe der Woche offensichtlich völlig verselbstständigt hatte. Auch an anderen Schulen kolportierten Schüler mittlerweile Gerüchte, dass ihre Schule betroffen sei – ohne jeden konkreten Hinweis. Nachdem Obdenbusch es den Eltern freigestellt hatte, ihre Kinder gestern zur Schule zu schicken, blieb die Hälfte der Schüler dem Unterricht fern.
Das NRW-Schulministerium erklärte gestern auf Anfrage, dass es keine Erfahrungen gebe, wie man Hysteriereaktionen auf offensichtlich unbegründete Amokdrohungen vermeiden könne. Der Fall Krefeld zeige, das schon bestimmte Signalwörter ausreichten, um eine Lawine aus Gerüchten loszutreten.
Wie die Polizei im Falle einer Amok-Warnung konkret bewertet und wann die Öffentlichkeit informiert wird, wollte der Polizeisprecher Dietmar Greger nicht sagen: "Wir lassen uns bei dem Thema nicht in die Karten schauen. Wir wollen weitere mögliche Nachahmer nicht über unsere Strategie informieren."